Monsieur von Ratte
- Hero Wantage
- 2. März 2024
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Monsieur von Ratte
Es war Sommer.
Bis 22.00 Uhr war keine großartige Kühlung eingetreten.
Deshalb hatte ich an diesem Wochenende mit Einverständnis der ganzen Familie für den morgigen Tag nur einen Coronation Chicken Salad und eine Grießflammeri vorbereitet. Das eine stand nun zum durchziehen im Kühlschrank, dass andere zum abkühlen auf dem Highboard im Esszimmer.
Im Haus war es ruhig geworden.
Meine Kinder schliefen in ihren Betten und mein Ehegesponst saß mit tiefernster Miene im Büro nebenan vor seinem neuen Computerspiel Battlefield 1942. Bei dem Titel hätte ich auch keinen Spaß am spielen, nein, das war ein Scherz.
Es war natürlich ein tolles Spiel!!!
Nun, ich war mehr der Filmfreak und genoss jetzt meine Freizeit nach Gartenarbeit und Mama – Dasein.
Meinen stillen Abend rundete ich wie so oft in der Nacht mit Filmen in unserem noch lauwarmen Wohnzimmer ab.
Kaffeetasse stand neben Cola und ich erschauderte erwartungsvoll von Szene zu Szene mehr.
Es kam der „Hollowman“ auf dem Zweiten. Ich saß gemütlich auf der Couch und hatte meine nackten Füße gegen unseren massiven Kiefertisch gestemmt.
Die Terrassentür zum Garten stand sperrangelweit offen und ich konnte in den dunklen Garten sehen.
Bisschen gruselig war das schon.
Ich sah gerade, wie Kevin Bacon sich in Schmerzen nur so wand, als ich plötzlich eine Bewegung unter dem Couchtisch dicht unter meinen Beinen wahrnahm.
So im letzten Augenwinkel, wenn ihr mich versteht.
Ich schluckte kurz und sah unter den Tisch.
Eine Ratte.
Ich war perplex.
Da saß doch wirklich eine Ratte auf ihrem kleinen Popo und blinzelte mich aus kleinen Knopfäugelchen neugierig an.
Nun, ich bin von Natur aus nicht sehr ängstlich, aber alles hat seine Grenzen.
Ganz spontan fragte ich also meinen späten, ungeladenen Gast, leicht gereizt allerdings: „Das kann doch jetzt nicht ihr Ernst sein?“
( Man soll immer höflich bleiben, auch Ratten gegenüber)
Mein Gast blieb erst ruhig, aber dann machte er Anstalten mich besser kennenzulernen und wollte zu mir aufs Sofa krabbeln.
Da allerdings wurde ich sehr unwirsch.
„Das ist doch jetzt die Höhe“, fuhr ich ihn lauthals an, „Monsieur mögen mein Haus verlassen aber pronto. Rückzug, marsch, marsch!“
Und ihr könnt es mir glauben oder nicht, Monsieur de Ratte, wie ich ihn später taufte, machte umgehend auf seinem Absatz kehrt und flitzte wie ein geölter Blitz zur Terrassentür hinaus.
Ich rannte hinterher und schlug sie scheppernd hinter ihm zu.
Im nach hinein war ich froh, einen Besucher von so nobler Gesinnung gehabt zu haben, der sofort meinen Wünschen entsprach. Es gibt bestimmt welche aus seiner Sippe, die nicht so freundlich reagiert hätten.
Er ist nie wieder gekommen, obwohl ich es bis heute nicht lassen kann, im Sommer bei schönem Wetter die Tür zum Garten offen zulassen. Denn wer weiß, vielleicht hat er ja mal Lust und stellt mir seine ganze Familie vor?
Allerdings habe ich nach unserem Umzug zwei Jahre später, vergessen, ihm meine neue Adresse mitzuteilen.
Auf den Schreck habe ich in der Nacht fast die halbe Grießflammeri und einen Großteil des Chicken Salad alleine verputzt, so dass ich mich am nächsten Tag nochmals in die Küche begeben musste.
Denn wenn ich schon mit Ratten auskam, dann mit Sicherheit auch mit meiner Familie.
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