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Der Kannibale in der Promenade

  • Autorenbild: Hero Wantage
    Hero Wantage
  • 28. März 2024
  • 2 Min. Lesezeit

Eine "Sandra & Ich" Geschichte


Münster im Jahre des Herrn 1974

Mit sieben Jahren trieb ich, wie manche ja bereits wissen, ein manchmal unberechtigtes, aber zumeist glückliches Unwesen mit meiner damals besten Freundin Sandra. Sehr oft fand man uns daher auch in der Promenade, der ehemaligen Ringbefestigung, von Münster. Ich wohnte so nahe dran, das ich von unserer Dachterrasse fast draufspucken konnte ( hätte ich soviel Spucke gehabt).

Im Winter rodelten wir enthusiastisch die kleinen, schneebedeckten Abhänge hinunter und im Sommer fischten wir schreiend, da entsprechend angeekelt, tote Mini - Welse aus „unserem“ kleinen Ententeich. Und untersuchten Wasserflöhe unter meinem Kindermikroskop.

Flöhe gab es allerdings nicht nur im Ententeich zuhauf, im Ohr hatte ich damals auch schon eine erkleckliche Anzahl von ihnen. Allerdings reichten sie nicht an die Armeen heran, die meine Freundin im Kopf hatte und die regelmäßig zwischen uns hin und her sprangen.

Eines schönen Tages, es war ein wundervoller Sommertag, spielten wir wieder in der Promenade.

Getrübt wurde unser Vergnügen nur dadurch, dass ein etwas größerer Junge ( er war mit Sicherheit schon neun oder zehn) dort auch irgendwas anzettelte und uns aus diesem Grund, Unbehagen bereitete. Er machte er uns schlichtweg Angst.

Eingeschüchtert drücken wir uns an unserem Lieblingsplatz, dem Ententeich, herum und entdecken plötzlich ein paar kleine Knochen am Rand des Radweges.

Meine Freundin stand lange sprachlos davor - ich dachte, nun ja, Knochen - allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie mir mit schrecklicher Gewissheit verkündete:

„Claudia, der Junge, der fiese Junge, ist ein Kannibale und das sind die Reste seiner Opfer!“

Anhand dieser Fakten traf es mich wie aus heiterem Himmel, ängstlich schaute ich mich nach dem Jungen um. Und war es nun Zufall oder Schicksal, genau in dem Augenblick kam er zu uns hinüber geschlendert.

Ihr glaubt ja nicht, wie schnell zwei kleine, spindeldürre Mädchen mit fliegenden Zöpfen rennen können, wenn sie glauben, der Teufel persönlich sei hinter ihnen her? Wir hetzen, bei mir zu Hause angekommen, die vier Etagen im Treppenhaus nach oben. Dann warfen wir uns beide geschlossen in die Arme meiner Mutter. Und erzählten ihr das gruselige Erlebnis.

Im übrigen, geglaubt hat sie uns nicht, aber beruhigend auf uns eingeredet. Und, kommt mal eben ganz nah an zu mir heran, wenn ihr an meiner Stelle gewesen wärt, ihr hättet auch eure Beine in die Hand genommen, dass versichere ich euch, so war ich Hero heiße

( haha).

Ich habe an dem Abend nicht gut schlafen können, aber ich bin mir ziemlich sicher, Sandra hat sich wie immer wunderbar gegruselt und hat es zudem noch genossen. Mir wurde die Promenade damit für lange Zeit verleidet, bis ich irgendwann ausschließen konnte, dass der Junge nicht mehr da war, aber ich kenne noch heute ganz genau die Stelle, an der die Knochen gelegen haben.



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